Ein Hamburger Jung am Ziel seiner Träume
1993 war zweifelsohne das Tennisjahr des Michael Stich aus Pinneberg. Der Schleswig-Holsteiner wurde im November Tennis-Weltmeister und nur einen Monat später war der damalige Weltranglistenzweite auch noch Hauptbeteiligter am deutschen Davis Cup-Sieg in der Düsseldorfer Philippshalle.
Der emotionalste Erfolg im schönsten Jahr seiner Karriere war für den „großen Langen aus dem hohen Norden“ aber ohne Frage sein Turniersieg am Rothenbaum. Der Triumph in Hamburg, es war sein 18. Sieg auf der ATP-Tour insgesamt, war wohl sein schönster. Ausgerechnet bei dem Turnier, bei dem er sich früher als kleiner Junge über Zäune und Mauern hinweg auf die Anlage gestohlen hatte, um seine Idole bei den Internationalen Tennismeisterschaften von Deutschland zu beobachten, stand er jetzt selber nicht nur im Rampenlicht, sondern auch ganz oben auf dem Siegertreppchen.
1991 scheiterte er noch im Semifinale am Tschechen Karel Novacek. Ein Jahr später unterlag der Deutsche im Finale Stefan Edberg und nun hatte er im Endspiel in Hamburg den Russen Andrei Chesnokov mit 6:3, 6:7, 7:6, 6:4 geschlagen und brach anschließend, völlig überwältigt von seinen Gefühlen, in Tränen aus. Unmittelbar nach dem verwandelten Matchball sprang er über die Banden hinein in die Loge zu seiner damaligen Frau Jessica und seinem Trainer Mark Lewis und hätte wohl am liebsten nicht nur die beiden, sondern gleich die ganze Welt umarmt. „Ich bin 15 Jahre lang bei diesem Turnier als Zuschauer dabei gewesen und habe immer davon geträumt, einmal als Sieger auf dem Center Court zu stehen. Jetzt ist es wirklich passiert, und ich glaube, es gibt nichts Schöneres. Das musste nach dem Match einfach raus“, kommentierte Stich anschließend seinen Heimsieg am Rothenbaum.
Im Folgejahr schafft es der ehemalige Weltranglistenzweite noch einmal ins Halbfinale und unterliegt gegen Yevgeny Kafelnikov. 1997 endet die Karriere von Michael Stich als aktiver Profi am Rothenbaum mit einer Zweitrunden-Niederlage gegen den Tschechen Slava Dosedel. Nur wenige Wochen später hängt er in Wimbledon den Schläger endgültig an den Nagel. Dort wo er seinen größten Erfolg feierte. Den emotionalsten Titel seiner Karriere gewann er aber zu Hause, am Hamburger Rothenbaum.